FSME, Influenza, Salmonellose, BSE, HIV/AIDS, Ebola, Malaria und viele mehr: All diese Erkrankungen werden unter dem Begriff „Zoonosen“ zusammengefasst. Es handelt sich dabei um Infektionskrankheiten, deren Erreger von Tieren auf den Menschen und umgekehrt übertragen werden. Doch welche Auswirkungen können sie haben? Und warum können Zoonosen ganze Pandemien auslösen? All das erfahren Sie im Artikel!
Manche Erreger sind nicht nur für Tiere gefährlich, sondern können auch für Menschen zu einer ernstzunehmenden Gefahr werden.1 Dies kann im Rahmen von Infektionskrankheiten passieren, die vom Tier auf den Menschen (oft auch umgekehrt) übertragen werden. Man bezeichnet sie als Zoonosen, abgeleitet aus den griechischen Wörtern „zoon“ (Lebewesen) und „nosos“ (Krankheit).
Zoonosen können durch Viren, Bakterien, Parasiten, Pilze, Einzeller, Würmer oder ansteckende, krankheitserregende Eiweiße (Prionen) ausgelöst werden. Die Weitergabe an den Menschen kann über direkten Kontakt mit infizierten Tieren (z.B. bei einer Tollwut-Infektion), über Lebensmittel wie Milch, Eier oder Fleisch (z.B. bei einer Salmonellen-Infektion), aber auch indirekt durch Überträger („Vektoren“) wie Mücken erfolgen.1 Ein häufig in Europa auftretender Vektor sind zum Beispiel auch Zecken. Sie übertragen die Viren der Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME), eine Form der Gehirnhautentzündung, ohne dabei selbst zu erkranken.
Tatsächlich können Tiere zahlreiche Erreger im Gepäck haben. Weltweit sind mehr als 200 Zoonosen bekannt.2 Zwei von drei aller bekannten Krankheitserreger, darunter so gut wie alle neuen menschlichen Infektionskrankheiten der letzten Jahre, sind tierischen Ursprungs.3
Einige Zoonosen finden besonders große Aufmerksamkeit: Dazu gehört neben der Tollwut allen voran Ebola, das zur Virusfamilie des Filovirus zählt und vermutlich von Fledermäusen auf den Menschen übertragen wird. Es wird vermutet, dass auch das Coronavirus Sars-CoV2, das die Covid-19-Pandemie verursacht hat, tierischen Ursprungs ist. Fledermäuse und/oder Schuppentiere könnten die Zwischenwirte gewesen sein.4
Was diese Erreger so gefährlich macht, ist, dass sie auch von Mensch zu Mensch übertragen werden können. Ein einziges „Überspringen“ vom Tier auf den Menschen (der so genannte Sprung über die Artengrenze) kann damit theoretisch eine Epidemie oder gar Pandemie auslösen, wenn die Rahmenbedingungen gegeben sind. Dasselbe gilt für das bekannte Grippevirus: Influenzaviren zirkulieren gerne z.B. zwischen Schweinen, Geflügel (auch Wassergeflügel!) und Menschen, was auch zu Bezeichnungen wie „Vogelgrippe“ oder „Schweinegrippe“ geführt hat.
Auch in unserem unmittelbaren Umfeld gibt es viele Beispiele für Zoonosen. So kann ein Igel, den wir vielleicht als Jungtier daheim überwintern, Milben, Flöhe und Zecken in seinem stacheligen Kleid beherbergen oder Salmonellen, Chlamydien (eine weitere Bakterienart) und Lungenwürmer ausscheiden.5,6 Im Kot von Füchsen (aber auch anderen Fleischfressern wie Hunden) finden sich zuweilen mikroskopisch kleine Eier des für den Menschen sehr gefährlichen Fuchsbandwurms. Hunde und Katzen übertragen Zecken, Bakterien, Würmer oder Einzeller. Reptilien (z.B. Schildkröten) und Amphibien gelten als Überträger von Salmonellen.7 Hygiene ist also ebenso gefragt wie die vorbeugende Behandlung von Haustieren, z.B. die regelmäßige Entwurmung von Hunden und Katzen.
Eine Zoonose, über die hierzulande viel zu wenig gesprochen wird, ist die Malaria. Sie wird durch den Stich bestimmter Mückenarten übertragen. Der Erreger ist ein winziger Parasit, der Blutzellen zerstört. Malaria fordert in Endemiegebieten (in denen 40% der Weltbevölkerung leben!) jährlich 600.000 Tote. 75% davon sind Kinder unter fünf Jahren.9,10 Wussten Sie, dass die Malaria noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch in Österreich endemisch war? Sie wurde damals auch als „Aufieber“ bezeichnet, da die übertragenden Mücken vor allem in Sumpfgebieten vorkamen.10
Viele der heute bekannten Zoonosen haben das Potenzial, eine Pandemie auszulösen. Doch wie kann es überhaupt so weit kommen? Ein gesundes Ökosystem sorgt für eine Balance der einzelnen Erreger – sie bleiben in ihrem „Biotop“. Je mehr der Mensch eingreift, desto eher kippt diese Stabilität: Durch Rodung verschwinden Lebensräume für Wildtiere und damit Wirte für einzelne Erreger. Ihre neuen Herbergen werden häufig Lebensräume des Menschen. Diese tragen den Erreger durch die zunehmende Mobilität rasch weiter. Erreger können sich so innerhalb von Tagen und sogar Stunden über Länder und Kontinente hinweg ausbreiten. Auch Faktoren wie ein schnelles Bevölkerungswachstum, Reisen in entlegene (tropische) Regionen oder die Haltung exotischer Haustiere, sowie Klimaveränderungen begünstigen das Auftreten von Zoonosen.2,5 Der Mensch selbst ist also mit der Treiber.
Es braucht deswegen weitreichende Konzepte, um frühzeitig auf ernste Bedrohungen reagieren zu können beziehungsweise deren Ausbreitung zu verhindern.
Mensch, Tier und Umwelt hängen derart miteinander zusammen, dass der Weg zur Lösung unbedingt vernetztes Denken erfordert. Unter dem Begriff „One Health“ – „eine Gesundheit für Tier und Mensch“ – bündeln sich gemeinsame Forschungsinitiativen von Humanmediziner*innen, Tierärzt*innen und Umweltschützer*innen. Ökologische Faktoren wie Klimaerwärmung sowie Massentierhaltung und Lebensmittelsicherheit sind mit einbezogen. Ziel ist ein fundamentales und systematisches Verständnis von Zoonose-Erregern in ihren Ökosystemen, um effektiv und schnell auf neue Erreger reagieren zu können. Seit Anfang 2020 arbeiten beispielsweise über 40 Partner*innen aus 22 Ländern im One-Health-Programm der Europäischen Union zusammen.12
Quellen:
1. Nationale Forschungsplattform für Zoonosen (2021): Was sind Zoonosen. URL: https://www.zoonosen.net/zoonosenforschung/was-sind-zoonosen (Letzter Zugriff: Dezember 2024)
2. Alpers K et al. (2004): Zoonotische Infektionen beim Menschen. Bundesgesundheitsbl 47, S.622–632. DOI 10.1007/s00103-004-0867
3. Bundesinstitut für Risikobewertung (2020): Zoonosen: Gesundheitliche Bewertung. URL: https://www.bfr.bund.de/de/zoonosen.html (Letzter Zugriff: Dezember 2024)
4. Thal D (2021): Der Ursprung der Pandemie. URL: https://zoonosen.net/der-ursprung-der-pandemie (Letzter Zugriff: Dezember 2024)
5. UNEP (2021): Preventing the next pandemic - Zoonotic diseases and how to break the chain of transmission. URL: wedocs.unep.org/bitstream/handle/20.500.11822/32919/ZDFAQ.pdf?sequence=1&isAllowed=y (Letzter Zugriff: Dezember 2024)
6. DocCheck (2022): Zoonosen: Tod mit Knopfaugen. URL: https://www.doccheck.com/de/detail/articles/21815-zoonosen-tod-mit-knopfaugen (Letzter Zugriff: Dezember 2024)
7. DocCheck (2021): Zoonosen: Keime Hunde bitte! URL: https://www.doccheck.com/de/detail/articles/3237-zoonosen-keime-hunde-bitte (Letzter Zugriff: Dezember 2024)
8. Grace D, Mutua F, Ochungo P, Kruska R et al. (2012): Mapping of poverty and likely zoonoses hotspots. In: Zoonoses Project 4, WHO.
9. Statista (2021): Malaria ist in Afrika die 7-häufigste Todesursache. URL: https://de.statista.com/infografik/24690/geschaetzte-anzahl-der-malaria-todesfaelle-weltweit/ (Letzter Zugriff: Dezember 2024)
10. Rober Koch Institut (2022): Malaria. URL: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Malaria.html (Letzter Zugriff: Dezember 2024)
11. Kerschner T (1922): Beiträge zur Verbreitung der Anophelen in Oberösterreich. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines 22/79, S.42-51.
12. One Health EJP (2022): The One Health European Joint Programme. URL: https://onehealthejp.eu/ (Letzter Zugriff: Dezember 2024)
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