Sonnenschirm und Sonnencreme eingepackt? Viel ist über die Gesundheitsrisiken von übermäßigem Sonnengenuss geschrieben worden. Doch nur wenige wissen, welchen positiven Effekt ein Sonnenbad – natürlich in Maßen – auf unsere Gesundheit haben kann.
Die WHO hat ein Gedankenexperiment gewagt und berechnet, wie viele Jahre an „gesundem“ Leben durch zu viel bzw. zu wenig Sonnenlicht verloren gehen. 1,5 Milliarden „gesunde“ Lebensjahre gingen im Jahr 2000 weltweit verloren – durch einen vorzeitigen Tod, verursacht durch übermäßige Sonneneinwirkung oder damit verbundenen Folgeschäden (z. B. Hautkrebs). Würde man im Gegenzug die gesamte Weltbevölkerung gar keinem Sonnenlicht aussetzen, verringert sich die Zahl an verlorenen „gesunden“ Lebensjahren nicht. Sie erhöht sich sogar: Kein Sonnenlicht würde mehr als doppelt so viele Jahre (3,3 Milliarden) an „gesundem“ Leben kosten. Demnach ist weder übermäßiges Sonnenbaden, noch totale Abschottung vor Sonnenlicht gesundheitsfördernd.
Die Ultraviolett-Strahlung oder UV-Strahlung ist eine für den Menschen unsichtbare Strahlung, die unter anderem von der Sonne abgegeben wird. Die UV-Strahlung lässt sich in 3 Arten einteilen: UV-A, UV-B und UV-C. Die UV-C-Strahlung wird jedoch bereits in der obersten Schicht der Erdatmosphäre absorbiert und gelangt gar nicht erst zur Erdoberfläche. Daher hat sie für uns Menschen keine Bedeutung.
Diese Strahlung ist die langwelligste und somit energieärmste Strahlungsform. Dennoch kann sie bei übermäßigem Sonnenbaden zu gesundheitlichen Folgeschäden führen, wie etwa schwarzem Hautkrebs (Melanom). Außerdem schädigt UV-A Kollagenfasern, was sich in einer frühzeitigen Hautalterung auswirken kann.
Diese Strahlung ist kurzwelliger als die UV-A-Strahlung und somit energiereicher. UV-B-Strahlung kann Sonnenbrände verursachen und so die Entstehung von unterschiedlichen Arten an Hautkrebs begünstigen – darunter auch der weiße Hautkrebs. Gleichzeitig aber ist die UV-B-Strahlung wichtig für die menschliche Gesundheit, denn UV-B ist auch für die Bildung von Vitamin D verantwortlich.
Der Großteil der positiven Effekte von Sonnenlicht auf die Gesundheit des menschlichen Körpers basiert auf der erhöhten Produktion von Vitamin D, die durch Sonnenlicht angeregt wird. Aber auch Schlaf- und Wach-Hormone werden wesentlich durch das Sonnenlicht beeinflusst.
Vitamin D unterscheidet sich in einem Punkt von allen anderen Vitaminen: Vitamin D kann im Gegensatz zu allen übrigen Vitaminen vom Körper selbst gebildet werden und muss nicht über die Nahrung aufgenommen werden. Aber das funktioniert nicht einfach so – erst durch die UV-B-Strahlung im Sonnenlicht wird die Produktion von Vitamin D in den Hautzellen angeregt. Dabei ist die Menge des produzierten Vitamin D von 4 Faktoren abhängig:
Variationen innerhalb eines einzigen Faktors können bereits zu großen Unterschieden in der Menge an produziertem Vitamin D führen: Hellhäutige – also wenig pigmentierte – Menschen produzieren etwa 5 Mal so viel Vitamin D wie dunkelhäutige Menschen.
Anthropolog*innen sehen in dem durch die Pigmentierung bedingten Unterschied eine evolutionäre Anpassung des Menschen an veränderte Umweltbedingungen. Als sich Menschen in nördlicheren Breitengraden mit geringerer UV-B-Strahlung ansiedelten, bot ein hellerer Hautton Überlebensvorteile aufgrund der erhöhten Vitamin D-Produktion. Daher haben sich im Laufe des evolutionären Prozesses im Norden vor allem hellhäutige Menschen durchgesetzt.
Vitamin D ist für die Aufnahme von Kalzium aus dem Darm verantwortlich, das der Körper für den Knochenaufbau benötigt. Zu wenig Vitamin D kann bei Kindern zu Rachitis führen, einer Verformung der Knochen. Auch ältere Menschen profitieren vom positiven Effekt von Vitamin D: Ein höherer Spiegel an Vitamin D geht mit einer größeren Knochendichte einher, die das Risiko von Knochenbrüchen reduzieren kann. Selbst Stürze kommen bei älteren Menschen weniger oft vor, wenn sie einen höheren Vitamin D-Spiegel aufweisen – möglicherweise als Folge der durch das Vitamin D gestärkten Knochen und Muskeln.
Auch bei Diabetes, rheumatoider Arthritis, Asthma und Infektionskrankheiten konnten positive Effekte von Sonnenlicht und einem erhöhten Vitamin D-Spiegel auf diese Erkrankungen nachgewiesen werden. Das erklärt auch zu einem Teil das jahreszeit-abhängige Auftreten von bestimmten Erkrankungen: Virale Infektionen wie Grippe und Bronchitis treten besonders oft im Winter auf, wenn Menschen wenig Sonnenlicht ausgesetzt sind und daher nur geringe Mengen an Vitamin D produzieren.
Sonnenlicht hilft nicht nur bestimmten Erkrankungen vorzubeugen, auch unser Schlaf-Wach-Rhythmus und unsere Stimmung sind erheblich von der Sonne abhängig. Nicht umsonst heißt es mit der Sonne um die Wette strahlen.
Melatonin und Serotonin
Als tagaktives Lebewesen ist der Mensch darauf programmiert, sich tagsüber draußen im Sonnenlicht aufzuhalten und in der Nacht zu schlafen. Daher wird das Schlafhormon Melatonin nur bei Dunkelheit produziert und regelt so unseren Tag-Nacht-Rhythmus.
Ist man am Morgen Sonnenlicht oder sehr hellem künstlichen Licht ausgesetzt, setzt die Produktion von Melatonin bereits früher am Abend ein und man kann besser einschlafen. Die gezielte Beeinflussung der Melatonin-Produktion durch helles Licht am Morgen eignet sich als Mittel gegen Schlaflosigkeit, die sogenannte Winterdepression und sogar das prämenstruelle Syndrom.
Auch das Wachhormon Serotonin – aus dem Melatonin gebildet wird – ist abhängig vom Tageslicht: Erst bei Dunkelheit wird Serotonin zu Melatonin umgewandelt. Wie lange Melatonin produziert wird, ist daher abhängig von der Länge der Nächte. Im Winter – mit seinen langen Nächten – wird länger und somit mehr Melatonin produziert. In den kurzen Nächten des Sommers wird weniger lang Melatonin hergestellt. Somit bleibt mehr Serotonin über und man hat im Sommer einen höheren Serotoninspiegel als im Winter. Höhere Serotoninspiegel wiederum haben einen positiven Einfluss auf die Stimmung. Leider ist aber auch das Gegenteil der Fall: Niedrige Serotoninspiegel drücken auf’s Gemüt, so z. B. bei der sogenannten Winterdepression.
Unser heutiger Lebensstil spielt sich vor allem drinnen ab. Zusätzlich gehen die meisten von uns auch erst weit nach Sonnenuntergang ins Bett. Beide Umstände wirken sich negativ auf eine stabile Melatonin-Produktion aus. Dies kann unter anderem die Ursache für Schlafstörungen oder schlechte Stimmung sein. Daher sollten Personen, die in geschlossenen Räumen arbeiten, öfters nach draußen gehen und außerdem in einem völlig abgedunkelten Schlafzimmer schlafen. Denn nur bei ausreichend Dunkelheit kann genügend Melatonin gebildet werden. Genau deshalb wird Melatonin auch manchmal als der „Dracula der Hormone“ bezeichnet – es zeigt sich erst, wenn es dunkel ist.
Da die richtige Dosis an Sonnenstrahlung von vielen Faktoren abhängt, gibt es keine allgemein gültigen Empfehlungen. So leiden etwa im Nahen Osten viele Kinder, die gestillt werden, an einem Vitamin-D-Mangel: Denn trotz der intensiven Sonneneinstrahlung produzieren die Mütter oft nicht ausreichend Vitamin D, das über die Muttermilch an das Kind weitergegeben werden kann. Ein Grund dafür ist der in dieser Region vorherrschende Kleidungsstil der Frauen, wobei der ganzen Körper bedeckt ist. So kann aber auch kein Sonnenstrahl bis zur Haut vordringen, um die Produktion von Vitamin D anzukurbeln.
Allerdings gilt auch weiterhin: Vor einem Sonnenbad immer ausreichend und auch wiederholt Sonnenschutz aufzutragen. Denn selbst durch Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor kann noch Sonnenlicht bis zur Haut vordringen. Ein unzureichender Sonnenschutz erhöht das Hautkrebs-Risiko erheblich, beeinflusst aber nicht die Menge an produziertem Vitamin D.
In diesem Sinne: Viel Spaß im Schwimmbad und Sonnencreme nicht vergessen!
Quellen:
Mead, N. (2008): Benefits of Sunlight. A Bright Spot for Human Health. In: Environmental Health Perspectives 116/4, S. 161-167.
Sansone, R. et al. (2013): Sunshine, Serotonin, and Skin: A Partial Explanation for Seasonal Patterns in Psychopathology? In: Innov Clin Neurosci 10/7. S.20-24.
Lucas, R. et al. (2006): Solar Ultraviolet Radiation. Global burden of disease from solar ultraviolet radiation. Geneva, World Health Organization.
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